Ein Bereich enthält Objekte, die in irgendeiner Weise definiert sind, welche im folgenden nicht weiter wichtig ist. Diese Objekte seien mit als Variablen bezeichnet und dürfen sowohl überstrichen als auch indiziert sein. Zusätzlich wird angenommen, daß ein Bereich mindestens ein Objekt enthält.
Die später behandelten Varianten von Verbänden werden mindestens ein Objekt enthalten, zuvor wird es die Beweise vereinfachen. Diese Definition ist für den augenblicklichen Bedarf etwas zu weit konzipiert, im weiteren Verlauf werden diese Erweiterungen jedoch benötigt.
Zunächst aber zur Theorie der Verbände, die hier nur soweit entwickelt werden soll, wie es zur Behandlung der Venn-Diagramme nötig ist. Dazu wurden im wesentlichen [1] und [2] verwendet.
Eine beliebigstellige Verknüpfung heißt abgeschlossen über dem Bereich , wenn für alle , auch in ist.
Ein Bereich mit einer oder mehreren abgeschlossenenen Verknüpfungen heißt algebraische Struktur: . heißt Trägerbereich dieser Struktur.
Wenn im folgenden also auf Objekte bezug genommen wird, so sind immer Objekte aus dem Bereich gemeint.
Die algebraische Struktur heißt Verband, wenn folgende Bedingungen für alle Variablen aus dem Bereich erfüllt sind:
(V1a) | (V1b) | |||
(V2a) | (V2b) | |||
(V3a) | (V3b) |
Ein Objekt aus dem Bereich wird auch Term genannt, ebenso alle Objekte, die sich durch Verknüpfung mittels oder erzeugen lassen. Terme werden mittels des Gleichheitszeichens = in Beziehung zueinander gesetzt. Für dieses Zeichen gilt unter anderem die Substitutionsregel, die besagt, daß Terme, die in der Gleichheitsbeziehung zueinander stehen, wechselseitig in und füreinander eingesetzt (substituiert) werden dürfen. Die Gleichheit ist eine Äquivalenzrelation, also symmetrisch, transitiv und auch reflexiv.
In den Verbandsaxiomen treten die Operationen und gleichberechtigt auf. Daraus läßt sich das fundamentale Dualitätsprinzip formulieren. Dazu muß zunächst geklärt werden, was ein verbandstheoretischer Ausdruck ist. Ein solcher Ausdruck ist ein sprachliches Gebilde, in dem neben einigen logischen Teilen und Variablen für die Objekte eines Verbandes nur die Symbole und auftreten. Einem solchen Ausdruck ist eindeutig ein sogenannter dualer Ausdruck zugeordnet, der aus dadurch entsteht, daß in überall durch ersetzt wird und umgekehrt. Natürlich ist dann .
Ein in jedem Verband gültiger verbandstheoretischer Ausdruck, insbesondere also auch jedes Axiom, heiße ein Satz der Verbandstheorie.
Der duale Ausdruck eines Satzes der Verbandstheorie ist wieder ein Satz der Verbandstheorie.
Beweis: Für jedes Axiom ist auch dessen dualer Ausdruck ein Axiom, daher kann für jeden aus den Axiomen erzeugten Ausdruck auch dessen dualer Ausdruck aus den Axiomen erzeugt werden.
Beweis: (a) Es ist . Ersetzen des rechten auf der rechten Seite der Gleichung nach (V3b) durch ergibt . Anwendung von (V3a) ergibt .
Der Beweis für (b) ergibt sich unmittelbar durch Anwendung des Dualitätsprinzips.
Beweis: ,,`` Es ist .
,,`` Es ist .
Beweis: (a) Es ist . Mit gilt dann: .
(b) Der Beweis verläuft analog.
Es gelte:
Ein Objekt des Verbandes mit und für alle heißt Nullobjekt.
Ein Objekt des Verbandes mit und für alle heißt Einsobjekt.
Beweis: Sind und zwei Nullobjekte, so gilt ( da Nullobjekt ) und ( da Nullobjekt ), also ist . Der Beweis für das Einsobjekt verläuft analog mit den dualen Ausdrücken.
Da es nur höchstens ein Null- und höchstens ein Einsobjekt in einem Verband geben kann, seinen diese (falls vorhanden) mit 0 bzw. 1 bezeichnet. Die Bedingungen für Nullobjekt und Einsobjekt sind dual zueinander definiert. Daher ist (falls beide vorhanden) die 0 das Dual der 1 und umgekehrt. Für einen solchen Verband wird die Dualisierungsregel dementsprechend erweitert.
In der Verbandstheorie spielen neben den Verbänden die Halbordnungsstrukturen eine große Rolle.
Gegeben sei ein Bereich und eine Beziehung mit genau dann, wenn die Beziehung zwischen und besteht. (,, kleiner-gleich ``).
heißt Halbordnung auf genau dann, wenn gilt:
(H1) | |
(H2) | |
(H3) |
heißt Halbordnungsstruktur mit als Trägerbereich. Es handelt sich lediglich um eine Halbordnung, da nicht garantiert ist.
In Halbordnungsstrukturen gilt wie in den Verbänden ein Dualitätsprinzip. Aus einem gültigen ordnungstheoretischen Ausdruck erhält man den dualen Ausdruck , indem man überall durch ersetzt, wobei und beliebige Terme sind.
Der duale Ausdruck eines Satzes der Theorie der Halbordnungsstrukturen ist ebenfalls ein Satz dieser Theorie.
Beweis: Jedes Axiom ist selbstdual (bis auf Umbenennung der Variablen), daher kann man zu jedem aus den Axiomen hergeleiteten Satz der Theorie der Halbordnungsstrukturen der duale Ausdruck ebenfalls abgeleitet werden.
Sei eine Halbordnungsstruktur.
Ein Objekt heißt genau dann minimal, wenn es kleiner-gleich allen mit ihm vergleichbaren ist, also wenn für alle aus aus der Gleichung die Gleichnung folgt.
Ein Objekt heißt genau dann maximal, wenn jedes mit ihm vergleichbare Objekt kleiner-gleich ist, also wenn für alle aus aus der Gleichnung die Gleichnung folgt.
Sei eine Halbordungsstruktur.
Ein Objekt heißt genau dann kleinstes Objekt von , wenn für alle gilt: .
Ein Objekt heißt genau dann größtes Objekt von , wenn für alle gilt: .
Es gibt in einer Halbordnungsstruktur höchstens ein kleinstes Objekt und höchstens ein größtes Objekt.
Beweis: Seien und kleinste Objekte. Dann gilt für alle , insbesondere gilt also auch . Mit der gleichen Argumentation gilt , nach (H2) also . Der Beweis für größte Objekte verläuft analog mit den dualen Ausdrücken.
Ein kleinstes Objekt wird (falls vorhanden) mit bezeichnet. Ein größtes Objekt, wird (falls vorhanden) mit bezeichnet. Größtes und kleinstes Objekt sind dual zueinander definiert, daher ist (falls beide vorhanden sind) das Dual von und umgekehrt. Die Dualisierungsregel für Ordnungstrukturen ist dementsprechend zu erweitern, falls die betrachtete Struktur größte und kleinste Objekte enthält.
Sei eine Halbordnungsstruktur, .
Ein heißt obere Schranke von genau dann, wenn für jedes Objekt aus gilt: .
Ein heißt untere Schranke von genau dann, wenn für jedes Objekt aus gilt: .
Sei eine Halbordnungsstruktur, .
Ein heißt Supremum von genau dann, wenn die kleinste obere Schranke von ist, d.h. wenn für alle oberen Schranken von gilt: . Abgekürzt schreibt man .
Ein heißt Infimum von genau dann, wenn die größte untere Schranke von ist, d.h. wenn für alle unteren Schranken von gilt: . Abgekürzt schreibt man .
Beweis: Seien und zwei Suprema (Infima) von . Dann sind beide insbesondere auch obere (untere) Schranken von (Def 2.10). Dann gilt und , d.h. nach (H2): .
Wir wollen uns im folgenden auf Halbordnungsstrukturen beschränken, in denen Suprema und Infima von Objekten eines Bereiches immer existieren und mit zu dem Bereich gehören. und sind zueinander dual definiert. Die Dualisierungsregel für Halbordnungsstrukturen ist dementsprechend zu erweitern.
Beweis: (a) Nach Definition 2.9 ist . Andererseits gilt aber , d.h. ist untere Schranke von .
Da nach Definition 2.10 die größte untere Schranke von und ist, gilt . Nach (H2) gilt damit .
(b) Der Beweis ist dual zu dem von (a).
Die Beweise lassen sich einfach auf mehr als zwei Komponenten erweitern.
Beweis: (a) ,,`` Nach Definition 2.9 ist das Infimum eine untere Schranke, daß heißt es gilt für alle aus . Nach Voraussetzung gilt , daher gilt nach Axiom (H3): für alle aus .
,,`` Umgekehrt folgt aus für alle aus , daß untere Schranke von ist, nach Definition 2.10 gilt dann aber .
(b) Der Beweis ist dual zu (a).
Beweis: (a) Nach Voraussetzung ist . Außerdem gilt (H1), daher gilt nach Satz 2.10 . Nach Definition 2.9 gilt auch , daher gilt nach (H2) .
(b) Der Beweis ist dual zu (a).
Beweis: Nach Satz 2.11 folgt aus
:
,
damit auch (Beweis von Satz 2.11)
.
Da
folgt
daher nach (H3)
.
Nun werden Verband- und Halbordnungsstruktur zueinander in Beziehung gesetzt.
Beweis: (1) Aus Satz 2.2 ( ) folgt nach der Definition aus Satz 2.13: .
(2) Aus und folgt zunächst nach obiger Definition und , daher gilt: .
(3) Aus und folgt zunächst nach Definition und . Dann ist durch Einsetzen , also .
Seien ein Verband und eine wie vor definierte Halbordnungsstruktur. Dann gilt für alle und :
(a)
(b)
Falls Verband wie Halbordnungsstruktur über 0/1 bzw. 0 /1 verfügen, gilt:
(c)
(d)
Beweis: (a) Nach (V3a) gilt und , was nach obiger Definition mit sowie gleichbedeutend ist; somit ist obere Schranke von und .
ist aber auch die kleinste obere Schranke. Ist nämlich und , so ist und , sowie nach Satz 2.3 und . Daher ist und daher (Satz 2.3) ist wiederum nach obiger Definition , was gleichwertig mit ist.
(b) Der Beweis ist dual zu (a).
(c) Nach Definition 2.5 gilt im Verband für das Nullobjekt 0 für alle : . Nach Satz 2.13 gilt daher für alle , daher ist die 0 ein kleinstes Objekt im Sinne von Definition 2.8. Daher gilt:
(d) Der Beweis ist dual zu (c).
Sei nun umgekehrt eine Halbordnungsstruktur vorgegeben. Es sollen nun zwei abgeschlossene Verknüpfungen und definiert werden, so daß einen Verband darstellt.
Beweis: (1) Nach Definition 2.10 sind Suprema bzw. Infima bereits kommutativ definiert, nach Übersetzung sind daher (V2a) und (V2b) bewiesen.
(2) Es ist nach Definition 2.10 und . Weiterhin ist nach Definition 2.10 und . Daher gilt nach (H3) und . Daraus folgt nach Definition 2.10, daß und gilt. Das ergibt wiederum nach Definition 2.10, daß gilt.
Umgekehrt gilt nach Def. 2.10 und . Ebenso ist nach Def. 2.10 ; ; und .
Daher gilt ; ; nach (H3). Daher ist nach Definition 2.10 und damit ist nach Definition 2.10 auch .
Daher ist nach (H2).
Das kann man ebenso für durchführen, woraus sich ergibt: . Das bedeutet, daß nach Übersetzung gilt, womit (V1b) bewiesen ist. Der Beweis von (V1a) verläuft dual.
(3) Es gilt nach Definition 2.10 , daher gilt nach Satz 2.11 . Ebenso gilt nach Definition 2.10 , daher gilt nach Satz 2.11 . Damit sind nach Übersetzung (V3a) und (V3b) bewiesen.
(4) Es sei . Nach Satz 2.11 gilt . Nach Übersetzung gemäß Satz 2.14 gilt dann .
Für Null- und Einsobjekt gilt die Argumentation wie im Beweis von Satz 2.14.
Damit ist eine eindeutige Beziehung zwischen den Verbänden und den hier betrachteten Halbordnungsstrukturen hergestellt. Es ist üblich, Verbände mit den Halbordnungsstrukturen zu identifizieren, bei denen zu zwei Objekten aus dem Trägerbereich der Halbordnungsstruktur auch deren Supremum und Infimum zu dem Trägerbereich gehört. Alle Sätze, die für und bewiesen wurden, gelten daher auch für und und umgekehrt. Die Dualisierungsprinzipien beider Strukturen können ebenfalls ineinander überführt bzw. ergänzt werden.
Beweis: ist Axiom (H2). Es ist . Dann gilt nach Satz 2.13 . Umgekehrt ist . Dann gilt nach Satz 2.13 .
Die Booleschen Verbände sind das eigentliche Ziel dieses Kapitels, zunächst erfolgen aber noch einige weitere einleitende Definitionen, Sätze und Beweise.
Ein Verband heißt genau dann distributiv, wenn für alle gilt:
(V4a) | (V4b) |
Man gibt zwei Distributivgesetze an, um die Gleichwertigkeit von und und damit die Dualität zu erhalten.
Beweis: Es ist: .
Ein Verband mit Nullobjekt 0 und Einsobjekt 1 heißt genau dann komplementär, wenn es zu jedem mindestens ein mit und gibt. heißt ein Komplement von .
Beweis: Sind und Komplemente von , so gilt gemäß Definition 2.12: , sowie .
Dann ist .
In einem distributiven Verband ist das Komplement des Komplementes eines Objektes wieder das Objekt.
Beweis: Sei das Komplement von . Dann gilt nach Definition 2.12: und . Sei ebenso das Komplement von . Dann gilt gemäß Definition 2.12: und . Insbesondere gilt also auch und . Da der Verband distributiv ist, darf Satz 2.17 angewendet werden, so daß sich ergibt.
Ein Verband mit 0 und 1, der sowohl komplementär als auch distributiv ist, heißt Boolescher Verband oder auch Boolesche Algebra.
Für einen Booleschen Verband gelten also insgesamt die folgenden Axiome:
Abgeschlossenheit bezüglich der Operationen und .
(V1a) | (V1b) | |||
(V2a) | (V2b) | |||
(V3a) | (V3b) | |||
(V4a) | (V4b) |
Es gibt ein kleinstes Objekt 0 und es gilt für alle : und .
Es gibt ein größtes Objekt 1 und es gilt für alle : und .
Für jedes Objekt gibt es ein eindeutiges Komplement, das mit bezeichnet wird.
Es gilt und .
Die Axiome des Booleschen Verbandes sind nicht unabhängig, (V1a), (V1b), (V3a) und (V3b) sind z.B. aus den anderen Axiomen herleitbar, die eindeutige Negation ergibt sich aus (V4a) und (V4b).
Zur besseren Unterscheidung wird der Boolesche Gleichungskalkül mit dem Kürzel BV bezeichnet.
Mit dem Wort Variable wird ein beliebiges unbestimmtes Objekt aus dem Trägerbereich bezeichnet. Eindeutig bestimmte Objekte, wie z.B. 0 und 1 werden als Konstanten bezeichnet.
Ausdrücke wie z.B. in Booleschen Verbänden oder in Halbordnungsstrukturen werden auch Formeln genannt.
Bisher wurde nur bewiesen, daß die Axiomensysteme V1-V3 (der Gleichungskalkül) und H1-H3 (der Halbordnungskalkül) äquivalent sind. Was ist mit BV ? Zumindest weiß man, daß man (nach Satz 2.15) in Halbordnungsstrukturen und statt inf bzw. sup verwenden kann.
Beweis: (a) Es ist und . Daher ist nach Definition 2.10 . Es ist und . Daher gilt (H3) . Außerdem ist und , daher nach (H3) . Daher gilt nach Definition 2.10 .
(b) Der Beweis ist dual zu (a).
Es fehlen die anderen Richtungen der Distributivgesetze. Diese fügen wir als Axiome H4 hinzu:
(H4) | |
(H5) sei die Definition der größten/kleinsten Objekte gemäß Definition 2.8. (H6) sei die Definition des Komplements gemäß Definition 2.12 lediglich nun mit Hilfe von Satz 2.14 auf die Halbordnungsstruktur bezogen.
Aus Satz 2.20 und (H4) folgt mittels (H2) sofort (V4). Umgekehrt folgt aus (V4) mittels Satz 2.16 sofort (H4). Dieser Boolesche Halbordnungskalkül ( H1 - H6 ) wird mit BV bezeichnet.
Beweis: Für das Komplement von muß gelten: und . erfüllt diese Bedingungen, denn es ist und . Für das Komplement von muß gelten: und . erfüllt diese Bedingungen, denn es ist und .
Beweis: (a) ,,`` Es gilt . Dann gilt nach Satz 2.13 . Dann ist .
,,`` Es ist . Dann gilt: . Dann gilt nach Satz 2.3 und daraus folgt nach Satz 2.13 .
(b) ,,`` Es gilt . Dann gilt nach Satz 2.13 und nach Satz 2.3 gilt dann . Dann ist .
,,`` Es ist . Dann gilt: . Nach Satz 2.13 gilt dann: .
Beweis: (a) Es ist . Daraus folgt nach Satz 2.22: .
Umgekehrt ist . Daraus folgt nach Satz 2.22: . Nach (H2) folgt daher: .
(b) Der Beweis verläuft dual.
Beweis: ,,`` Es ist . Dann gilt nach Satz 2.22: . (V2b) liefert . Daraus folgt wieder mit Satz 2.22: .
,,`` Es ist . Dann gilt nach Satz 2.22: . Dann ist nach (V2b): . Gemäß Satz 2.19 gilt dann: . Dann gilt nach Satz 2.22: .
Beweis: (a) Es ist: .
(b) Der Beweis ist dual.
Sei ein Boolescher Verband. Dann gilt für alle :
(a)
(b)
Beweis: (a) ,,`` Es gilt nach Voraussetzung . Nach Definition 2.10 gilt . Mit (H3) folgt daher . Andererseits gilt nach Definition 2.10 und auch . Daraus folgt nach (H3) . Nach Definition 2.10 folgt aus und , daß . Dann gilt nach Satz 2.25: .
,,`` Es gilt nach Voraussetzung . Nach Definition 2.10 gilt . Mit (H3) folgt daher . Andererseits gilt nach Definition 2.10 und auch . Daraus folgt nach (H3) . Nach Definition 2.10 folgt aus und , daß gilt. Dann gilt nach Satz 2.25: .
(b) ,,`` Den Beweis erhält man, indem man im Beweis (a) ,,`` jedes Auftreten von durch ersetzt und umgekehrt.
,,`` Den Beweis erhält man, indem man im Beweis (a) ,,`` jedes Auftreten von durch ersetzt und umgekehrt.
Ein Literal ist die Variable für ein Objekt oder dessen Komplement aus dem Trägerbereich eines Booleschen Verbandes.
Eine Boolesche Funktion ist ein beliebiger Ausdruck, der aus endlich vielen Symbolen besteht, der die Verknüpfung von Konstanten und Variablen durch die Operationen , und beschreibt. Dabei werden ggf. Klammern zur Erzielung der Eindeutigkeit der Ausdrücke eingesetzt.
Alle weiteren Ergebnisse dieses Abschnittes beziehen sich auf Boolesche Verbände mit endlichem Trägerbereich, also auf endliche Boolesche Verbände.
Sei die Zahl der im Trägerbereich eines Booleschen Verbandes vorkommenden verschiedenen Literale. Ein Minterm ist die Verknüpfung aller Literale durch die -Operation, wobei kein Literal doppelt vorkommt.
Beweis: (Vollständige Induktion) Sei . Dann gibt es nur eine Variable, sie heiße und zwei Minterme, nämlich und . Die Behauptung gilt also für .
Angenommen die Behauptung gelte für Variablen, es gebe also Minterme. Jeder dieser Minterme hat die Form
Fügt man eine weitere Variable hinzu, so sehen die Minterme wie folgt aus:
Dann gilt:
Der geklammerte Ausdruck ist einer der Minterme , also gilt:
d.h., jeder Minterm für Variablen spaltet sich in zwei Minterme für Variablen auf, nämlich in:
Insgesamt gibt es also
Minterme für Variablen.
Eine Boolesche Funktion ist in kanonischer disjuktiver Normalform, wenn sie eine -Verknüpfung (Disjunktion) von Mintermen der Funktion ist, wobei kein Minterm doppelt auftaucht.
Die konstanten Funktionen 0 und 1 sind ebenfalls in kanonischer disjunktiver Normalform für alle .
Die kanonische disjunktive Normalform, die bei Variablen alle Minterme enthält, entspricht der 1.
Beweis: Von den Mintermen enthalten das Literal und das Literal , wie bereits im Beweis von Satz 2.27 zu erkennen war. Aus den Mintermen, die das Literal enthalten, wird durch mehrfache Anwendung von (V4a) ,,ausgeklammert``. Ebenso wird mit dem Literal verfahren. Die beiden jeweils verbleibenden Terme sind gemäß Beweis von Satz 2.27 identisch, wodurch sich die Disjunktion aller Minterme in der Form schreiben läßt, wobei der identische Restterm ist.
Wendet man nun auf die gleiche Technik nocheinmal an, klammert jedoch aus, so kann man schreiben als , wobei der verbleibende Restterm ist.
Anwendung dieser Technik bis zur Ausklammerung von ergibt als Restterm .
Beweis: Dieser Beweis wird durch die Angabe eines Konstruktionsverfahrens geführt. Das Verfahren funktioniert wie folgt:
Sei
eine beliebige Boolesche Funktion von
Variablen, einschließlich der
Konstanten 0 und 1. Wenn
Ausdrücke der Form
oder
enthält, so ergibt die Anwendung von
Satz 2.23
bzw.
.
Das wiederholt man solange, bis jede
Komplement-Überstreichung nur noch über einer einzigen Variablen/Konstanten
steht. Gemäß Satz 2.19 werden doppelte Negationen aufgelöst. Durch
Anwendung von (V4a) und (V4b) erhält man Glieder, deren Literale nur durch
verbunden sind, und diese Glieder sind wiederum nur durch
verknüpft. Enthält eines dieser Glieder eine 0, so ist gemäß Definition
2.5 das ganze Glied gleich 0 und kann daher gemäß Definition 2.5
ersatzlos entfallen, falls noch ein anderes Glied vorhanden ist. Ist das einzige
verbleibende Glied eine 0, so ist das Verfahren beendet. Enthält eines dieser
Glieder eine 1, so entfällt gemäß Definition 2.5 die 1, falls noch ein
anderes Literal in dem Glied vorkommt. Ist eines der Glieder gleich 1, so ist
gemäß Definition 2.5 die gesamte Disjunktion gleich 1 und das Verfahren
damit beendet. Angenommen ein Glied
der Disjunktion enthält weder die
Variable
noch deren Komplement
.
Dann ist
.
Wiederholt man diesen Schritt für jede fehlende
Variable in jedem Glied der Disjunktion, so erhält man schließlich eine
Disjunktion von Mintermen. Satz 2.2 erlaubt es, doppelt vorkommende
Glieder wegzulassen. Dann ist die entstandene Disjunktion von Mintermen eine
kanonische disjunktive Normalform.
Da im beschriebenen Konstruktionsverfahren nur substituiert wird, also nur Gleichungen verwendet werden, ist das Verfahren auch umkehrbar, d.h. Boolesche Funktionen in kanonischer DNF teilen die Menge der Booleschen Funktionen in Klassen äquivalenter Funktionen ein.
Beweis: Bei Variablen kann jeder der Minterme in einer kanonischen disjunktiven Normalform vorkommen oder nicht, kann etwas zu der Disjunktion beitragen oder nicht. Entsprechend der bekannten kombinatorischen Grundregel zur Variation mit Wiederholung ergibt sich daher:
Ein andere Beweismöglichkeit beruht auf dem ,,Auswählen ohne Zurücklegen und ohne Berücksichtigung der Reihenfolge``. Das entspricht der Art und Weise des Auswählens der Minterme, denn erstens wird jeder Minterm nur einmal verwendet und zweitens ist die Reihenfolge beliebig, da die Disjunktion kommutativ ist. Für diesen Fall ist die Anzahl der Auswahlmöglichkeiten von Objekten aus einer Menge von gleich . Für den Fall der Minterme, die die kanonischen disjunktiven Normalformen bilden sollen, muß man die Auswahlen aller aus Mintermen betrachten. Dann ist die Anzahl der verschiedenen kanonischen disjunktiven Normalformen gleich
ein bekanntes Ergebnis der Kombinatorik. Dabei entspricht das Auftauchen keines Mintermes der konstanten Funktion 0 und das Auftauchen aller Minterme gemäß Satz 2.28 der konstanten Funktion 1.
Beweis: Da jede Boolesche Funktion mit Variablen in eine Boolesche Funktion in kanonisch disjunktiver Normalform mit Variablen umgeformt werden kann (Satz 2.29) und es für Variablen genau verschiedene kanonische disjunktive Normalformen gibt, heißt das, daß es genau verschiedene Boolesche Funktionen für Variablen gibt.