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Persönliche Erinnerungen

an Johann-Michael von Petzinger

von Andreas Otte

Wer sich mit der Begriffslogik beschäftigt, der kommt an Johann-Michael von Petzinger nicht vorbei. Seine Dissertation zum Verhältnis von Begriffs- und Urteilslogik war ein Meilenstein. Als ich 1985 die verfügbare Literatur zum Thema Begriffslogik nach Freytag-Löringhoff erstmals sichtete, stieß ich natürlich auch auf seine Schriften. Eine Rückfrage bei Baron v. Freytag-Löringhoff im Jahr 1986 ergab, dass er inzwischen an einer Universität in einer Bischofsstadt lehren würde - Würzburg, so meinte er. Wir fragten dort nach - Fehlanzeige. Weitere Kontaktversuche, über den Verlag, in dem "Logik im Abriss" veröffentlicht wurde, schlugen ebenfalls fehl. Während des 15-monatigen Wehrdienstes ab Juli 1986, plante ich den Beginn meines Informatik-Studiums in Paderborn für das Wintersemester 1987, unter der Voraussetzung, dass die Zentrale Vergabestelle für Studienplätze meinem Wunsch entsprechen würde. Im Oktober 1986 erinnerte sich Baron v. Freytag-Löringhoff endlich an die richtige Bischofsstadt - Paderborn - welch ein Zufall. Ich erhielt die Anschrift, schrieb v. Petzinger an - und bekam keine Antwort. Kurze Zeit später erhielt ich den Studienplatz in Paderborn und besuchte an einem Wochenende die Universität. Ich fand sein Büro im N-Gebäude - natürlich verschlossen.

Es galt bis zum Beginn des Semesters zu warten, denn nie fand ich das Büro offen vor. Es stellte sich später heraus, dass seine Habilitationsstelle Mitte 1987 ausgelaufen und er nunmehr nur noch als eine Art Privatdozent an der Uni tätig war. Aber das Vorlesungsverzeichnis des abgelaufenen wie auch für das kommende Wintersemester führte eine Logik-Veranstaltung von v. Petzinger auf - im Rahmen des Studium Generale der Philosophischen Fakultät. Natürlich war ich Mitte Oktober 1987 bei der angekündigten Vorlesung dabei, aber die Anzahl der regelmäßigen Teilnehmer an der Veranstaltung sank schnell. So blieb es auch in den folgenden Semestern, schon bald wurde keine offizielle Veranstaltung mehr angeboten. Aber das hinderte uns nicht an der Arbeit, jede Woche in jedem Semester während meines Informatik-Studiums trafen wir uns - zumeist am Donnerstag Abend - zu zweit in einem leeren Vorlesungssaal der Universität und diskutierten über Logik, analysierten Texte und Bücher ... Freytag-Löringhoff, Aristoteles, Günther Jacoby, ... und vertieften interessante Themen, wie z.B. die in seiner Dissertation angerissene Antinomienfrage.

Mitte 1993 - mit Abschluss meines Studiums - begann der berufliche Ernst des Lebens für mich und so trafen wir uns in den folgenden Jahren nur noch recht selten. Aber eines war sicher: Man brauchte bei einem Besuch der Innenstadt Paderborns nur bestimmte Stellen abzuklappern, man wurde sicher fündig ... Johann-Michael von Petzinger an einem Tisch sitzend, wie üblich mit Büchern und Zeitungen gefüllte Tüten um sich verteilt und natürlich Tee und/oder einen Cappuccino trinkend. In guter Erinnerung ist mir auch eine Begegnung in Greifswald anlässlich eines Erinnerungstreffens an Günther Jacoby.

In den letzten Jahren brach der Kontakt nahezu gänzlich ab, ein Versuch Ende 2018, ihn für einen Logik-Workshop in Münster zu gewinnen, schlug - auch wegen der knappen Vorlaufzeit - fehl. Die Nachricht von seinem Tod traf mich sehr.

Die Forschung zur Begriffslogik hat einen ihrer wichtigsten Vertreter verloren.