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5.1 Eine kurze Geschichte der Logik


Die Geschichte der Logik im Abendland als eigene Wissenschaft beginnt im Prinzip mit den später zum ,,Organon`` zusammengefaßten logischen Schriften des Aristoteles. Auch im arabischen Raum gab es logische Schriften, diese hatten jedoch kaum maßgeblichen Einfluß.

Aristoteles betrieb im wesentlichen Begriffslogik, es finden sich jedoch auch einige modale und sogar urteilslogische Stellen in seinen Werken.

In der Scholastik wurde die Aristotelische Logik nahezu auf die Syllogistik und auf die Lehre vom hypothetischen Schluß reduziert, der syllogistische Bereich allerdings durch unnötigen Ballast erweitert ( Kategorienlehre, Suppositionslehre, u.a. ). Als solche wurde sie die klassische philosophische Logik, belastet mit allen möglichen psychologischen, linguistischen und ontologischen Einflüssen. Als Konsequenz dessen beschäftigten sich die mittelalterlichen Logiker mit lauter Problemen, die eigentlich nichts mit reiner Logik zu tun hatten. Da war z.B. die Frage der Reihenfolge der Begriffe im i-Urteil, die Frage also, ob es einen Unterschied gibt zwischen: ,,Einige Pferde sind schwarz`` und ,,Einiges Schwarze ist Pferd``? Vom sprachlichen Standpunkt ist das sicherlich sehr interessant, aber rein logisch ist es ohne jede Bedeutung. Dennoch wurden Schlüsse eingeführt, die Rücksicht auf die Reihenfolge der Begriffe in den Urteilen nahmen, und machten die Logik damit komplizierter, als es eigentlich nötig gewesen wäre.


Auf der anderen Seite finden sich bei den Stoikern, bei Philon und im Mittelalter bei Ramon Lull bereits urteilslogische Ansätze. Im Grunde wurde allerdings nur Aussagenlogik betrieben, was eine zusätzliche eigene Begriffslehre nötig machte, da Begriffsbeziehungen in der Aussagenlogik nicht adäquat ausgedrückt werden können.

Mitte des 17. Jahrhunderts arbeitete Leibniz im wesentlichen begriffslogisch, wurde jedoch auch von Lull beeinflußt, und obwohl er sich eine ,,lingua universalis`` wünschte, hatte er doch keinen wirklich geeigneten Formalismus. Das ist der Grund für zahlreiche Fehler in den Leibnizschen Werken; Fehler, die später zu Unrecht dem Konzept ,,Begriffslogik`` angelastet wurden.

Begriffslogik und Urteilslogik liefen praktisch parallel nebeneinander her, wobei die Begriffslogik allerdings leichte Vorteile besaß. Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts gab es kaum weitere bahnbrechende Entwicklungen in der Logik.

Das änderte sich mit Boole und De Morgan. Boole bahnte mit seiner ,,Algebra der Logik`` neue Wege, indem er die Logik in einer von der Mathematik abgeleiteten formelartigen Weise darstellte. Booles Ansatz wurde von vielen weiterentwickelt und von Schröder nahezu vollendet.

Booles Ideen fanden Anwendung sowohl in der Begriffs- als auch in der Urteilslogik, jedoch führten sie zunächst nur in der Urteilslogik zum Ziel, die Begriffslogik blieb weiter unformalisiert. Schröder versuchte z.B. in späteren Jahren die Undurchführbarkeit einer ,,Inhaltslogik``, die weitgehend mit der Begriffslogik gleichgesetzt wurde, zu beweisen.

Frege leitete dann mit einem seiner wichtigsten Werke, das sinnigerweise den Namen ,,Begriffsschrift`` trägt und nichts mit Begriffslogik zu tun hat, den Siegeszug der Urteilslogik ein. Obwohl Freges graphischer Kalkül heute nicht mehr benutzt wird, setzte sich sein Konzept ,,Das Urteil als Basis der Logik`` durch. Maßgeblich verantwortlich hierfür sind Russell und Whitehead mit ihren ,,Principia Mathematica``. Nur die Urteilslogik wurde ,,mathematisch`` formalisiert, die Begriffslogik aber blieb in den Händen der Philosophen und entwickelte sich nur unwesentlich weiter.


So kam es, daß die Begriffslogik sehr bald in den Ruf geriet, veraltet, probleminadäquat und unbrauchbar zu sein. Nicht etwa weil sie es wirklich war, sondern weil es unterlassen wurde, sie wie die Urteilslogik geeignet zu entwickeln und zu formalisieren. Dieses ist inzwischen nachgeholt worden, der ,,Vorsprung`` der Urteilslogik ist jedoch vermutlich uneinholbar.


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Andreas Otte
1998-11-22