Die bisher betrachteten Begriffe in der Begriffslogik waren Allgemeinbegriffe. Es ist jedoch möglich noch weitere spezielle Begriffstypen einzuführen. Der bekannteste Typ ist der Individualbegriff. Er repräsentiert Individuen in der Begriffslogik. Was ist überhaupt ein Individuum ?
Ein Individuum, sei es nun als existierend gedacht oder aber real existierend, ist etwas einzigartiges, etwas Unteilbares. Es ist genau eines und es existiert in einem wie auch immer gearteten Sinne. Individualbegriffe machen die Individuen der Begriffslogik zugänglich.
Welche Beziehungen bestehen zwischen einem Individuum
und dem es
repräsentierenden Individualbegriff
? Wenn ein Individuum
teilhat (
)
an einem Allgemeinbegriff (teilhaben in dem Sinne, daß die
Eigenschaften, die durch den Allgemeinbegriff beschrieben werden, auf das
Individuum zutreffen), dann ist der dem Individuum zugeordnete Individualbegriff
Art des Allgemeinbegriffes, und umgekehrt:
Hieraus läßt sich z.B. folgern:
,
aber auch
.
Desweiteren ist jedem Individuum genau
ein Individualbegriff zugeordnet, d.h. wenn zwei verschiedene Variablen für
dasselbe Individuen vorhanden sind, die Variablen also in diesem Sinne
äquivalent (
)
sind, dann haben die Individuen jeweils an dem
Individualbegriff des anderen Individuums teil:
Hieraus folgt dann z.B.:
.
Die Teilhabebeziehung
zwischen Individuum und Begriff, die durch
die obigen Regeln definiert wird, ist nicht die Art-Gattungs-Beziehung. Sie ist
etwa vergleichbar mit der Elementbeziehung der Mengenlehre im Vergleich zur
Teilmengenbeziehung.
Die Deklaration eines Begriffes als ein Individualbegriff bewirkt also zum
einen, daß man mehr über ihn weiß als über andere Begriffe, nämlich daß er
existiert, logisch betrachtet also zumindest widerspruchsfrei ist, was man durch
ausdrücken kann. Zum anderen kann man zusätzliche Regeln
anwenden, die seine Unteilbarkeit bewirken. Ein Individualbegriff ist z.B. oberer Nachbar des widersprüchlichen Begriffes, d.h. ist
ein
widerspruchsfreier Begriff, der Art des Individuums
ist, so ist
auch Art von
.
Das Venn-Diagramm kennt keine Individualbegriffe oder Atome, wie sie allgemein in der Verbandstheorie genannt werden. Will man diese trotzdem berücksichtigen, so muß man neben der jeweils zusätzlichen Prämisse
die sichere Funktionalität der Venn-Diagramme ein wenig verlassen, denn man muß zusätzlich eine Regel anwenden:
Nach dem Eintrag aller anderen Prämissen werden alle die Zellen des Individualbegriffes gestrichen, die nicht alle ,,Sternsorten`` enthalten, die nur im Individualbegriff vorkommen. Dadurch wird die Individualität hergestellt. Dieses entspricht zunächst nicht genau der obigen Unteilbarkeits-Definition der Individualität, die etwa so ausgedrückt werden könnte:
Auf der Basis der Begriffslogik zuzüglich (I1) sind (I2) und (I3) jedoch äquivalent.
Statt (I3) kann also auch (I2) verwendet werden, was im Venn-Programm
geschieht. Die Deklaration eines Individualbegriffes bewirkt während des
Programmablaufs also zweierlei: Einerseits wird eine zusätzliche partikuläre
Prämisse zu den bisherigen Prämissen hinzugefügt, nämlich
.
Andererseits wird auch ein Schraffierungsflag reserviert für
Schraffierungen, die möglicherweise durch (I2) bewirkt werden könnten.
Die Regeln (I1) und (I2) können ihrerseits durch die folgende Regel ersetzt werden:
(I2) ist Teil dieser Regel und (I1) erhält man einfach, indem man
durch 0
ersetzt. Umgekehrt erhält man aus
und
ganz einfach durch Kontraposition
.
Durch die Anwendung der zusätzlichen Regel (I2) geht die
Reihenfolgeunabhängigkeit der Prämissen (in diesem Fall der
Individualbegriffsdeklarationen) verloren, die bisher die Venn-Diagramme
charakterisierte. Um dieses zu kompensieren wird die Prozedur so oft angewendet,
bis keine Änderungen (weitere Streichungen) mehr auftreten, höchstens jedoch
mal (
ist die Anzahl der vorkommenden Individualbegriffe), denn dann kann
es keine Änderungen mehr geben.
Der Aufwand ist
,
also
.
Der Konklusionentest
für eine Individualbegriffsdeklaration läuft darauf hinaus, daß auf die
totale Identität mit einer Individualbegriffsdeklaration aus den Prämissen
geprüft wird.